annina schmidiger | © annina schmidiger

Ankerpunkte

Die Ankerpunkte bieten eine besondere Art des Gottesdienstes. Statt einer Predigt durch Seelsorgende, sprechen Menschen aus dem Volk – über ihre Werte, Erfahrungen, Inspirationen und Ängste. Vor allem teilen sie ihre Ankerpunkte, also das, was ihnen in schwierigen Zeiten Halt gibt. Sie öffnen sich persönlich vor der Gemeinde, begegnen uns auf Augenhöhe und fördern so Verständnis und Respekt. Ob Unternehmer oder Politiker, Randständige oder bekannte Persönlichkeiten, Arzt oder Physiker, Jugendliche oder Eltern, Menschen mit oder ohne Migrationshintergrund – alle sind eingeladen, ihre Geschichte zu teilen.

Franziska von Grünigen liebt Geschichten, die das Leben schreibt. Und sie hat sie sich zum Beruf gemacht. Als Audiobiografin begibt sich die 46-jährige Radiojournalistin mit ihrem Angebot «Mein Nachklang» mit Menschen auf Streifzüge durch deren Erinnerungen und hält mit dem Mikrofon fest, was auch nach dem Tod noch bleiben soll. Gerade wenn sie für den «Verein Hörschatz» mit unheilbar erkrankten jungen Eltern bleibende Erinnerungen für deren minderjährige Kinder aufnimmt, bewegt sie sich bei ihrer Arbeit im Spannungsfeld zwischen Geburt und Tod, das sich Leben nennt. Dass man dem Thema Tod auch zu gesunden Zeiten ohne Scheu, dafür mit Neugier und Gestaltungswillen begegnen kann, zeigt von Grünigen mit ihrem preisgekrönten Podcast MY LAST GOODBYE, in dem sie Menschen dazu einlädt, sich anhand von 12 Fragen Gedanken über die eigene Beerdigung zu machen. Über 120 Personen haben bisher Einblick gegeben – gesunde und kranke, alte und junge, wortkarge und ausufernde. Von Schauspieler Stefan Gubser über Sänger Büne Huber bis zu Bestsellerautorin Blanca Imboden. Aber auch weniger bekannte Personen haben sich den 12 Fragen gestellt: Da ist der 8-jährige Lenny, der als Geist wiedergeboren werden will oder der 90-jährige Heinz, der sich auf das Paradies freut, das nach dem Tod auf ihn wartet. Wie verändert die Auseinandersetzung mit dem Tod die Sicht aufs Leben? Und was zählt bei den Menschen, denen Franziska von Grünigen kurz vor deren Tod noch mit dem Mikrofon begegnet?

Manchmal kommt es anders, als man denkt. Das haben auch die Eltern von Joel erfahren, der vor elf Jahren mit Trisomie 21 geboren wurde. Nach einer durchzogenen Schwangerschaft, begleitet von zahlreichen Mutmassungen und einem Gefühlskarussell, hat der Junge am 21. März 2013 das Licht der Welt erblickt. Das war ein Monat vor dem errechneten Geburtstermin – und genau am Welt-DownSyndrom-Tag. Was das für das Familienleben bedeuten würde, konnten sich die Eltern damals nicht vorstellen. Auch nicht, wie es die zweieinhalbjährige Schwester beeinflussen würde. Heute wissen sie es besser. Die Verschiedenartigkeit von Trisomie 21 ist so vielfältig, wie die Kinder selbst es sind. Ankerpunkte gab und gibt es für die Eltern von Joel bis heute einige: Der erste und wichtigste war Joel selbst, das Kind, das man vom ersten Augenblick an liebt und das einem über den Abschied hinweghilft, sich von dem zu lösen, was man sich ausgemalt hat. Vera Trachsel erzählt im Ankerpunkt von ihren Erfahrungen als Mutter.

Nächste Ankerpunkte

3. November 2024 - mit Franziska Roth, Heilpädagogin und Ständerätin

17. November 2024 - mit Tabea Glauser, reformierte Pfarrerin

26. Januar 2025 - mit Simon Gantenbein, Waise - seit er ca. 14 Jahre alt ist.